Wie Tongewinnung zum Schutz bedrohter Arten beiträgt
Können Abbaustätten positive Effekte auf die Flora und Fauna vor Ort haben? Für fünf Tongewinnungsstätten mit Standorten in Bayern, Thüringen, und Baden-Württemberg ist jetzt wissenschaftlich bestätigt, dass sie naturschutzfachlich bedeutend sind. Aktive Gewinnungsstätten beherbergen viele dynamische Lebensräume und eine große Biotoptypenvielfalt. Für Kulturlandschaften seltene Biotope wie Klein- und Kleinstgewässer wurden an allen Standorten gefunden. Zwischen 12 und 47 Prozent der aktiv genutzten Flächen sind mit Wanderbiotopen besetzt.
Artenvielfalt in aktiven und stillgelegten Tongewinnungsstätten
Diese Vielfalt an Lebensräumen schlägt sich auch in der Zahl der erfassten Arten nieder. Die untersuchten aktiven Gewinnungsstätten beherbergen meist ein Mehrfaches an Arten verglichen mit den anderweitig, vor allem für die Landwirtschaft genutzten Flächen in unmittelbarer Nachbarschaft. So finden sich an vier Standorten bis zu 370 Prozent mehr Pflanzen- und bis zu 600 Prozent mehr Vogelarten. Besonders stark profitieren Amphibien und Libellen von den durch die Tongewinnung erzeugten Pfützen und Tümpeln. Die Artenzahl liegt bis zu 600 Prozent beziehungsweise 900 Prozent über den umgebenden Flächen. Häufig gibt es diese Tiere dort sogar überhaupt nicht mehr. Naturschutzfachlich besonders bedeutsame Arten treten fast ausschließlich in den aktiven Gewinnungsstätten auf. Kreuzkröte, Wechselkröte, Steinschmätzer und Flussregenpfeifer beispielsweise sind auf Biotope, die in Tongewinnungsstätten entstehen, angewiesen.
Diese Befunde lassen sich auch für stillgelegte Tongewinnungsstätten, die der Rekultivierung oder Renaturierung zugeführt sind, festhalten. Die meisten untersuchten Flächen wiesen ein Mehrfaches an Biotoptypen und Arten auf, verglichen mit den umgebenden Flächen.
Tongewinnungsstätten haben großes Potenzial für den Naturschutz, auch als Trittsteine im Biotopverbund. Bereits während der Gewinnungsphase bieten sie Lebensräume für seltene oder gefährdete Tier- und Pflanzenarten, deren ursprüngliche Lebensräume in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft kaum noch vorhanden sind. Viele dieser Arten wie die Uferschwalbe, der Bienenfresser und die Gelbbauchunke sind angewiesen auf eine hohe Lebensraumdynamik, eine hohe strukturelle Vielfalt, Rohböden oder unterschiedlich junge Stadien der Vegetationsentwicklung.
Biodiversitätsindikatoren und -Management
Mit Beginn des zweiten Quartals 2022 sollen die Ergebnisse der Kartierung in die Biodiversitätsdatenbank der Baustoff-Steine-Erden-Industrie bbs einfließen. Die Datenbank soll die Branche dabei unterstützen, ihren Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu erfassen und zu dokumentieren.
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